WAS IST LEGASTHENIE?

Kinder mit einer Legasthenie zeigen eine ausgeprägte Schwäche im Lesen und/oder Rechtschreiben, obwohl sie (über)durchschnittlich intelligent sind. Neurologische und körperliche Ursachen (z.B. Seh- oder Hörstörungen) müssen vor der Diagnosestellung ausgeschlossen werden.

4-12 % aller Schüler sind von einer Legasthenie betroffen (Grimm, T. Neues zur Genetik der Legasthenie, 2011).

Unterschieden wird zwischen

a) Lese- und Rechtschreibstörung

b) Isolierter Rechtschreibstörung


HINWEISE BEIM LESEN:

Mein Kind...

- liest sehr langsam und stockend

- hat Startschwierigkeiten beim Vorlesen

- kann Laute beim Lesen nicht verbinden (z.B. "L-a" statt "La")

- nennt den ersten Buchstaben und errät dann das Wort

- lässt Worte oder Wortteile aus oder ersetzt sie durch andere

- verrutscht beim Lesen in der Zeile

- betont die Wörter beim Lesen nicht sinnhaft

- kann den Inhalt des gelesenen Text nicht oder schwer wiedergeben


HINWEISE BEIM SCHREIBEN:

Mein Kind...

- kann ähnlich klingende Laute schlecht unterscheiden (g-k, d-t)

- kann visuell ähnliche Buchstaben schlecht unterscheiden (m-n, o-c)

- kann die Richtung der Buchstaben schlecht erkennen (b-d, p-q)

- kann sich Wortbilder (z.B. häufige Wörter wie "und", "ist") kaum merken

- hat eine krakelige unleserliche Schrift

Diese exemplarischen Verhaltensweisen können wertvolle Hinweise auf das Vorliegen einer Legasthenie geben, aber keine fachliche Diagnose ersetzen.  

Ursachen

Zur Entstehung einer Legasthenie können vielfältige Ursachen beitragen, wobei in der Regel verschiedene Faktoren zusammenwirken.


Genetik:

Viele Studien konnten eine familiäre Häufung der Lese-Rechtschreibstörung nachweisen. Bei eineiigen (genetisch identischen) Zwillingen trat Legasthenie in 68% der Fälle auf, bei zweieiigen Zwillingen in nur 38% (Schulte-Körne, G., 2007).


Neurologie:

Bei legasthenen Kindern konnte beim Lesen ein verändertes Muster der Hirnströme in der linken Hirnhälfte nachgewiesen werden, die für die Sprachverarbeitung zuständig ist (speziell im Schläfen- und Stirnlappen).

Es konnte auch gezeigt werden, dass die für die Sprache zuständigen Hirnzentren nicht ausreichend synchron arbeiten und vernetzt sind.


Einschränkungen in der visuellen Wahrnehmung:

60% der Kinder mit Legasthenie haben Probleme, ihren Blick präzise zu steuern, also die fürs Lesen so wichtigen Blicksprünge (sog. Sakkaden) zu machen.

Ebenso können sie visuell ähnliche Reize schlechter unterscheiden (z.B. b-d, p-q)


Einschränkungen in der auditiven Informationsverarbeitung:

Ein wissenschaftlich sehr gut nachgewiesenes Symptom der Legasthenie ist die sogenannte "Phonologische Bewusstheit": Das ist die Fähigkeit, Laute ("Phoneme") zu erkennen und zu differenzieren (z.B. "d" - "t" oder "b"-"p")

Schwächen in der phonologische Bewusstheit im Vorschulalter können bei 2/3 der Kinder eine Legasthenie vorhersagen.